Wie gestern schon geschrieben, so richtig abgehen tut es gerade nicht bei uns. Die fehlende Abwechslung zwischen den eher touristisch angehauchten Besuchen der Nationalparks und anderen Sehenswürdigkeiten und die geringen Unterschiede jener lassen die Flamme gerade ein bisschen niedrig loddern.
Aus diesem Grund habe ich mir ein Mountainbike ausgeliehen, Moab scheint ja die amerikanische Version des Gardasees zu sein. Da ich mir im Sommer ein neues Bike kaufen möchte, wollte ich mir gleich einmal eine Referenz besorgen und hab mir ein Spezialized Enduro SL Expert (All Mountain) mit 150mm Federweg ausgeliehen.
Sollte natürlich nicht zum Anschauen da sein was mir gleich den ersten Trail bescherte. Hatte mir auf einer Karte eine schöne Überquerung eines Plateaus raus gesucht. Die Schwierigkeit war konstant D (difficult), genau in der Mitte der Skala. Normalerweise sind meiner Erfahrung nach Ratings eher überbewertet um unerfahrene Abzuschrecken. Aus diesem Grund dachte ich mir dann auch, das passt super und wenn es zu schwer wird kann ich ja noch immer schieben.
Brach gegen 17h zur Anfahrt meiner ersten Mountainbike-Tour 2009 Richtung Colorado River auf. Die Szenerie am Fluss der sich zwischen dem Sandstein eingefräst hatte war super, jedoch begann es gleich etwas holprig, was für mich jetzt nichts Neues ist. Vergaß an einem Rastplatz meine Sonnenbrille und verlor so etwas mehr als eine halbe Stunde und mein MP3-Player mit der mentalen Unterstützung für das Bergauf-Fahren gab auch gleich seinen Geist auf. Sowas soll einen aber nicht ablenken und so stand ich um 18h am beginn des Hunter Canyon Trailheads mit seinen fünf Kilometern horizontaler Distanz und kaum vertikaler Steigung. Insgesamt sollten es 500 Höhenmetern werden und dies war nur der erste Abschnitt von ungefähr 20 Kilometern Distanz. Also alles in allem machbar, dachte ich mir.
Dies änderte sich jedoch sehr schnell als ich auf den Trail ging. Sand und noch mehr Sand, zum Fahren mit einem Mountainbike also komplett unbrauchbar und sehr, sehr anstrengend. Somit war der erste Kilometer von Schieben, Tragen und zwischen Gestrüpp durchpferchen des Rades geprägt.
Die grossen Sandsteine machten das Fahren an den sandfreien Stellen auch nicht leicht. Auf den nächsten 500m gab es dann immerhin drei Stellen mit super schönen Treppen und kleinen Flächen auf denen man schön Fahren, Springen – einfach Gas geben – konnte. Dies war jedoch nach 50m wieder vorbei.
Da es mittlerweile schon 19h und somit die Sonne am untergehen war (stand ja in einem Canyon), vor mir noch 3,5km Canyon lagen und dann eine 5 km lange Abfahrt im Schwierigkeitsgrad DD (sehr schwer) anstand, kehrte ich um.
Die Provokation des Übermächtigen hörte nicht auf und es begann ein kleiner Sturm, der mit Boen entgegen meiner Fahrtrichtung, teils beim Bergauffahren, gegen mich ankämpfte. Um 20h, schon ziemlich erschöpft und der Hintern schmerzend, da nur normale Hose an, kam ich dann wieder zum flachen Anfahrts-Stück. Ab hier waren es jetzt nur mehr ungefähr 25km. Normal in Form mit meinem Bike am Attersse bei normalen Verhältnissen wäre das ziemlich genau eine Stunde. Hier wurden aber im Finstern, nahe am Aufgeben, sehr sehr lange zweieinhalb Stunden ständig leichten Bergauffahrens gegen den Wind. Musste einige Male vom Rad runter, da mein Hintern schrie und die Füsse wieder mit frischer Energie versorgt werden mussten. Kann mich nicht erinnern, dies je bei einer Radtour öfters als zweimal getan zu haben, hier waren es sicher 10-mal, am Ende alle 200m.
Kam dann um 22h30 völlig erschöpft an und belohnte mich mit zwei Riesentassen Kakao und einem saftigen Steak, ein Abendessen für Götter.
In Sachen Willenskraft und Ausdauer war es auf jeden Fall eines meiner extremsten Erlebnisse. Die erste Tour im Jahr gleich fünf Stunden und dann auch noch mit einem schweren Fully war auf jeden Fall zu viel. Hoffe nur die anderen Trails sind etwas kasi-tauglicher.
Greetz, Kasi
Eine Antwort auf „USA Day 56 – Moab (Hunter Canyon Trail)“
Du armer! Vielleicht hast das nächste Mal mehr Glück mit der Route und dem Wetter!
So long