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Status Qou vor Beginn des UN-Klimagipfels in Kopenhagen

Ein scheitern in Kopenhagen ist keine Option, so die offizielle Seite der UNO. Das Streitthema Nummer Eins ist die Klima-Gerechtigkeit die nächsten zwei Wochen auf dem UN-Klimagipfel. Dort wird seit Montag an einem verbindlichen Nachfolgevertrag zu Kyoto verhandelt.

Diese noch bis mindestens 18. Dezember andauernden Verhandlung an dem alle 192 Staaten der Welt teilnehmen, soll eine CO2-Reduktion erwirken und die Anpassung an die bereits statt findende Klimaerwärmung sicher stellen. Grundlage dafür ist die vom Weltklimarat geforderte 2°C Grenze (IPCC-Bericht).

Keine leichte Aufgabe, welcher sich Obama, Merkel, Jiabao und all die anderen Staatsträger stellen müssen. Um die Verhandlungen etwas besser verstehen zu können gibt es hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Nationen und deren Standpunkte und die wichtigsten Infos und Seiten zum selber verfolgen der COP15, wie der 15. UN-Klimagipfel auch genannt wird.

Hintergrundwissen

Das zentrale Thema ist die Klimagerechtigkeit. Die Industrienationen als hautpsächlicher Verursacher müssen Verantwortung gegenüber den Entwicklungs- und Dritte-Welt-Ländern übernehmen. Diese sind nämlich am meisten vom Klimawandel betroffen, haben aber kaum etwas dazu beigetragen.

Neben den 192 Nationen sind auch zahlreiche NGO’s wie Greenpeace, Friends of the Earth, WWF, Global2000, Attac, Via Campesina, Climate Justice Now, Climate Justice Action, AdoptANegotiator und TckTckTck mit dabei. Manche um bei den Verhandlungen mitzuhelfen, andere um sich diese anzueignen und auf grundsätzliche Probleme des CO2-Emissionshandels hin zu weisen. Viele glauben nicht daran, dass die freie Marktwirtschaft, welche die Probleme mitverursacht hat, jetzt die Klimaerwärmung eindämmen kann.

Daher sind 30.000 Klimademonstranten und 5000 Lobbyisten vor Ort, die sowohl Umwelt- als auch Industrieverbände vertreten. Es gibt ein unglaublich reichhaltiges Programm, aber dazu in den nächsten Tagen noch etwas mehr.

Ein nicht zu verachtendes Problem könnten noch die veröffentlichten Daten von den Computern des renommierten Instituts Climate Research Unit (CRU) in Großbritannien sein. Dies hat die Klimaskeptiker wieder bestätigt und eine erneute Debatte über die Klimaerwärmung an sich angefacht (Artikel Zeit).

Ebenfalls besonders wichtig in den Diskussionen werden die Clean Development Mechanisms (CDM) werden. Darin werden alle Technologien definiert, welche dazu verwendet werden dürfen, CO2 einzusparen. Es steht dabei zur Debatte, Atomstrom als CDM zu definieren ohne dabei Rücksicht auf die Endlagerung des Atommülls zu nehmen.

Weitere Vorab-Zusammenfassungen gibt es bei der Financial Times Deutschland und dem Wall Street Journal online nachzulesen.

Berichterstattung

Es gibt viele interessante und unterschiedliche Quellen um die Verhandlungen in Kopenhagen von zu Hause aus zu verfolgen.

Zuerst seien einmal die offiziellen Medien erwähnt. Das COP15 Blog bietet einen Webcast um via Livestream die Konferenzen anschauen zu können. Wenn eine verpasst wurde, kann man alle Videos auch im Nachhinein anschauen. Dort gibt es auch einen Terminkalendar mit allen Events. Natürlich wird auch Twitter verwendet, siehe hier.

Nun zu den Themenschwerpunkten der Presse zur COP15. Die Klimagipfel-Seiten von Der Standard Online, Die Presse Online, Zeit Online, The Guardian und die New York Times Online sollten einen relativ breit gefächerten und qualitativ hochwertigen Informationserhalt ermöglichen.

Von den NGO’s gibts natürlich stetige Informationen mit kritischen Inhalten. Das TckTckTck Blog, der Youtube-Kanal von Adopt a Negotiator und das Klimablog von Global2000 sind nur Einige. Sind recht gut untereinander vernetzt, also kommt man von einer Seite schnell auf Andere.

Die Entwicklungsländer – G77

Diese sind an der Bevölkerung gemessen die Mehrheit, es macht aber oftmals den Eindruck als wären deren Interessen nur zweitrangig. Im Zuge der UN können aber auch wirtschaftlich schwache Nationen mitreden, und das ist gut so.

Die G77 haben eine drastische Erhöhung der Reduktionen von EU und USA gefordert. Ebenso ist man sich über die Höhe der Wiedergutmachungs- bzw. Anpassungszahlungen noch bei weitem nicht einig (Artikel Zeit). Die UN titel, dass 75-100 Milliarden US-Dollar im Jahr reichen, bis dato wurden von den Industrienationen aber erst knapp über 10 Milliarden zugesagt. Andere reden sogar von ungefähr einer Billion US-Dollar im Jahr, die notwendig wären. Aber nicht nur Geld soll einen fairen Deal absichern, auch Technologien sollen von den Verursachern an die Betroffenen weiter gegeben werden um die Auswirkungen wie Trockenheiten und Fluten zu bewältigen und vorzubeugen.

Die großen Schwellenländer wie China, Indien, Brasilien und Südafrika lehnen einen verbindlichen Vertrag in Kopenhagen (Artikel Standard) und das Zwei-Grad-Ziel bereits in einem gemeinsamen Positionspapier als Verhandlungsgrundlage vor dem Gipfel ab.

Man muss gespannt sein, zu welchen Maßnahmen die wachsenden Nationen bereit sind. Wirklichen Druck kann heutzutage keine Nation mehr auf sie ausüben, zu verflochten sind die wirtschaftlichen und politischen Verbindungen.

China

Oftmals wird China als der große Klimaverschmutzer dargestellt, dies stimmt jedoch nicht wirklich.
Die pro Kopf Emissionen von China liegen nämlich mit 4,6 Tonnen CO2 pro Jahr und EinwohnerIn noch weit unter den USA (19,1 Tonnen/Jahr+Kopf), Deutschland (9,7 Tonnen/Jahr+Kopf) oder Großbritannien (8,6 Tonnen/Jahr+Kopf) (Statistik).

Wen Jiabao, der chinesische Premierminister, hat im Zuge der Wirtschafts-Konjunkturpackete bereits einiges an Geld in die grüne Industrie gesteckt. Somit verwundert es ein bisschen, dass China in Sachen Klimaschutz einen so schlechten Ruf hat. Trotzdem gibt es noch sehr viel aufzuholen und erledigen. Besonders die Abhängigkeit des Wirtschaftswachstums von Kohle läuft entgegen dem Klimaschutz.

Ihre Forderungen auf weiteres Wachstum sind verständlich, haben aber mit Sicht auf den Klimaschutz ihre Grenzen.

Eine der zentralen Fragen für China ist sicher, ob der Westen vertrauenswürdig ist und seine vorgeschlagenen Reduktionen einhalten kann bzw. wird. Wenn sie das tun wird vermutlich mehr in die Vermeidung der Klimaerwärmung investiert, sprich in Solar- und Windenergie. Falls der Westen als kein guter Partner scheint, wird es für China wahrscheinlich besser sein, bereits jetzt Geld für die Anpassungsmaßnahmen auf die Seite zu legen. Wasserbewirtschaftungssysteme, Siedlungsräumprogramme und grüne Gentechnik könnten das bewerkstelligen.

Bis vor kurzem hat sich China in Sachen Reduktionsziele, genau wie Indien, komplett bedeckt gehalten. Letzte Woche gab es dann das Angebot einer Reduktion um 40-45%, aber gegenüber dem BIP 2020.

Eines sollte noch bedacht werden. Das kommunistische China wird sich bei der politischen Durchsetzung der Klimaschutzmaßnahmen sicher um einiges leichter tun als der demokratische Westen.

Indien

Indien war die letzte große Nation welche ein Reduktionsziel bekannt gab. 20-25% bis 2020, aber ebenfalls nicht vertraglich verbindend.

Sie fordern die Klimaverantwortung des Westens ein, also wollen noch weiter wachsen und weniger CO2 reduzieren. Sie haben auch den ersten Klimapapier-Vorschlag als absolut unakzeptabel retour gewiesen.

Indien ist China sehr ähnlich und vertritt auch die selbe Position. Hört sich hart an, ist aber verständlich wenn man die CO2 Emissions-Statistik der Länder des jletzten Jahrhunderts betrachtet. Dennoch darf man hier nicht zu weich werden. Auch die Schwellenländer haben an den Innovationen, welche durch den ressourcenverbrennenden Kapitalismus entwickelt wurden, profitiert und erst deren jetztigen Wohlstand möglich gemacht.

Brasilien

Hier gibt es einmal sehr ambitionierte Ziele von einem Entwicklungsland. Brasilien will das CO2 durch beenden der Abholzung der Regenwälder um 36-39% reduzieren (Artikel Standard), jedoch auch ohne vertragliche Verbindlichkeit. Präsident Luiz da Silva hat einen guten Ruf und setzt sich schon seit längerem für ein grüneres Brasilien ein.

Afrika

Afrika, welche auf der Verursacherseite kaum eine Rolle spielt, aber durch Trockenperioden und Hungersnot schwerst betroffen ist, fordert die Wiedergutmachung durch den Westen ein. Einsparungen sind bei deren geringen CO2-Ausstoß kein wirkliches Thema, hier geht es um Wiedergutmachungszahlungen und Bewältigung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme, die die Klimaerwärmung mit sich bringt.

Lediglich Südafrika hat eine Einsparung um 32% bis 2020 zugesagt.

Die Industrienationen

USA

Wer von Amerika soviel Engagement erwartet wie von Europa kennt deren Kultur und politische Lage nicht. Obama steht zu Hause in die Ecke gedrängt, aber nicht freiwillig. Den einen Amerikaner seine individuelle Freiheit oder seinen Besitz wegzunehmen, würde einem politischen Selbstmord gleichen.

Und nachdem die USA bei den Kyoto-Verhandlungen fixe Reduktionen zugesagt hat und dann unter Bush nicht einmal den Vertrag ratifiziert hatte, ist auch die internationale Glaubwürdigkeit stark angekratzt.

Doch Obama bringt neuen Schwung in die UN-Prozesse, so auch hier. Und er hat die Welt letzte Woche mit einer unerwarteten Meldung überrascht und somit in letzter Sekunde die Hoffnung auf ein Abkommen in Kopenhagen ermöglicht. CO2 wurde als gesundheitsschädliches Treibhausgas eingestuft und kann daher von der EPA ohne den langwierigen Prozess über den Kongresses reduziert werden (Artikel Standard).

Somit ist Amerika bereit eine Reduktion um 17% bis 2020 (dies sind von 1990 ausgegangen lediglich 4%) als Verhandlungsbasis nach Kopenhagen mitzunehmen. Ja genau, das ist nicht viel, aber halt mehr als noch bis vor kurzem erhofft. Man muss schauen, wie Obama hier den Spagat vollzieht. Die Schwellenländer werden sich mit den 17(4) Prozent wohl kaum zufrieden geben.

Dennoch ist die USA nicht ohne Forderung und ist daran interessiert, dass auch Indien und China das Abkommen unterzeichnen. Wollen den Entwicklungsländern auch finanziell bei der Klima-Anpassung unterstützen.

Obama wird am 18. Dezember anreisen und in der heißen Phase am Ende dabei sein.

EU

Die EU spricht in Kopenhagen mit einer gemeinsamen Stimme. Diese bietet eine Reduktion von 20% bis 2020 gegenüber 1990 an. Falls andere Nationen ihre Aufgaben machen sind sie bereit dies auf 30% zu erhöhen.
Noch zu erwähnen ist, dass die EU innerlich etwas zerrissen ist (Ost-West). Dabei geht es um die Aufteilung der Anpassungszahlungen an die Entwicklungsländer untereinander.

England treibt zur 30% Reduktion an, wie Gordon Brown verläuten ließ.

Frankreich fordert eine Besteuerung von Finanztransaktionen um den Entwicklungsländern damit zu helfen. Aus Frankreich dürfte auch starkes Interesse der Atom-Lobby zu erwarten sein, Atomstrom in die CDM aufzunehmen.

Und Merkel treibt im Namen Deutschlands den Klimaschutz generell an und fordert mehr Masnahmen von Indien und China (Artikel Standard). Dazu gibt es noch einen kritischen Bericht von Adoptanegotiator. Selber setzen sie sich mit 40% Reduktion ein ambitioniertes Ziel, haben mit ihren Kohlekraftwerken ein großes Einsparungspotential.

Russland

Für Medwedjew und Putin hat der Klimaschutz keine hohe Priorität. Das angegebene Reduktionsziel von 40% bis 2020 soll durch effektiveres wirtschaften mit Energie erreicht werden, was bei der alten Infrastruktur sowieso notwendig ist. Zusätzlich hat der drittgrößte Verschmutzer ein paar Ziele gesetzt um an Board eines Vertrages zu hüpfen (Artikel Standard). Alles in allem muss man aber sagen, dass Russland keine Blockadepolitik betreit und eher defensiv agiert.

Japan

Von Seiten Japans werden 25% Einsparungen angeboten.

Kanada

Der nördliche Nachbar der USA schließt sich deren Versprechungen an und will bis 2020 20% weniger emittieren, basierend auf 2006.

Sonstige

Überhaupt keine festen Zusagen gibt es von den Golfstaaten und Australien. Die australische Opposition verhinderte kurz vor Beginn der Klimakonferenz einen Gesetzentwuf von Premier Kevin Rudd, nach dem sich Australien den EU-Zielen angeschlossen und den Emissionshandel eingeführt hätte.

Das die ölabhängigen Golfstaaten zu keiner verbindlichen Reduktion bereit sind ist zwar nicht richtig, aber bedarf auch keiner weiteren Erläuterung.

Fazit

Es wird kein Honiglecken werden.

Die Industrienationen werden mit den Entwicklungsländern um die Massnahmen und der damit verbundenen wirtschaftlichen Einflussnahme tauziehen. Der Westen tut sich sehr schwer gegen die aufstrebenden Wirtschaftsmächte China, Indien und Brasilien. Diese lassen sich nicht mehr von ihnen beherrschen und kontrollieren.
Sie hegen auch die Befürchtung, dass eine marktbasierende Lösung wie der CO2 Handel wieder in die Hände der Industrienationen spielt. Eine starke politische und wirtschaftliche Instrumentalisierung ist zu befürchten.

Im Rahmen der UN haben aber die unterprivilegierten Nationen um einiges mehr Möglichkeiten und nutzen diese auch. Selbst wenn man vom bestmöglichen Ergebnis ausgeht, sprich einer fairen Aufteilung der Reduktionen und Anpassungszahlungen, ist aber noch immer das Problem der vermarktwirtschaftlichung des Klimaschutzes und die Reduktion des Treibhauseffektes auf eine Zahl, das CO2.

Der schwerste Teil wird also noch auf uns zukommen, egal was in Kopenhagen entschieden wird. Hoffentliches gibt es ein faires, globales Abkommen, da dies ein Meilenstein in der Polit-Geschichte darstellen würde und das globale Politik-Klima nachhaltig verbessern würde.

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